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1. Die Provinz Hannover - S. IV

1901 - Berlin [u.a.] : Spemann
— Iv — Die Landeskunde Preußens zeichnet das Landschafts- und Kulturbild des Heimatlaudes nicht nur beschreibend: sie versucht viel- mehr im Geiste der neuzeitlichen Erdkunde das Werden des Heimats- landes zu zeigen; dabei sucht sie dann überall auch die Abhängig- keit des Bewohners und seiner Kulturarbeit von diesen: Boden und von den übrigen natürlichen Verhältnissen zu beleuchten. Die Landeskunde verdankt ihre Entstehung den Anregungen, die der Herausgeber und verschiedene Mitarbeiter in dem vom Kultus- Ministerium eingerichteten Fortbildungskursus 1898/99 empfingen. Auf Veranlassung des Herausgebers wurden in gemeinsamer Beratung von den znm Kursus gehörenden Mitarbeitern die allgemeinen Grundlinien festgesetzt, nach denen die Hefte der Landeskunde bearbeitet werden sollten. Daß diese Grundlinien und damit die Grundlagen der Laudes- künde sich in Bahnen bewegen, die als Theorien längst anerkannt nud vertreten sind, wird dem Kenner der einschlägigen Litteratur bei näherer Prüfung nicht entgehen. Das Unternehmen fand Freunde und Förderer, und wertvolle Mitteilungen mancherlei Art gingen ein. Der Heraus- geber fühlt sich darum verpflichtet, für alle geleistete Hilfe, besonders für die ihm von dem Mitarbeiter Kerp gewordene stetige Unterstützung mit Rat und That, tiefsten Dank zu sagen. Als Rahmen der Einzelhefte, über den aber zur Gewinnung natürlicher Landschaften hier und da hinausgegangen werden mußte, wurden — aus praktischen Rücksichten — die preußischen Provinzen gewählt. Jedes Heft der Landeskunde gliedert sich: 1. in die Betrachtung der einzelnen Landschaften und ihrer Glieder zur Gewinnung eines gerundeten Bil- des in natürlicher und kultureller Hinsicht, 2. in die Betrachtung des Gesamtbildes der Provinz auf Grund der gewonnenen Anschauungen. Am Ende größerer Abschnitte sind zu weiterer Anregung Fragen und Aufgaben eiugefchobeu, die die gewonnenen Kenntnisse auffrischen sollen; zum Teil sind diese Fragen zur schriftlichen Bearbeitung in Form kleiner Aufsätze geeignet. Schöne und merkwürdige Punkte des Heimatlandes werden in Abbildungen vor Augen geführt. Eine kleine Karte der Provinz erscheint nur da nötig, wo bisher gute, billige Handkarten nicht in Gebrauch siud; aus diesem Grunde ist von jedem Hefte eine Ausgabe (A) mit Karte und eine (B) ohne Karte hergestellt. Möge die Landeskunde Preußens, die der Öffentlichkeit übergeben wurde, um dem Unterrichte zu dienen, in den Herzen der Jugend die auf Kenntnis der Heimat gegründete Liebe zu Land nud Volk wachrufen und erstarken lassen! Das ist der Wunsch der Bearbeiter und des Herausgebers.

2. Die Provinz Hannover - S. 2

1901 - Berlin [u.a.] : Spemann
von fett und dürr. Um den Harz nach Westen und Nordwesten legt sich ein viel gegliedertes Hügelland, indessen lieblichen, fruchtbaren Landstrichen Garten- und Ackerbau, Handel und Gewerbe aller Art blühen. Ein weites, auf der Karte graugrün gezeichnetes Flachland dehnt sich im Norden breit vor den Bergen aus und zieht sich bis nahe an das Meer hin. Das ist das Moor- und Heidegebiet, in dem noch unerschöpfliche Torflager ihrer Verwendung harren; auch ein einträglicher Ackerbau ist dort möglich, und die wasserreichen Flüsse regen schon zur Schiffahrt an. Endlich hebt sich ein Landsaum ab, der an unseren großen Flüssen und am Meere entlangläuft; das sind unsere stolzen Marschen mit den üppigen Viehweiden und den schier unermeßlichen Weizenfeldern, wo das Land kaum Hände genug hat, dem Boden seinen Reichtum abzunehmen, und wo die nahe See zu kühnem Wagen und vielfacher Arbeit lockt.

3. Die Provinz Hannover - S. 3

1901 - Berlin [u.a.] : Spemann
Der Harz. Die Erhebung des Harzgebirges aus seinem Vo.rlande. Wenn der Sommer in das Land kommt, dann ziehen Tausende von Menschen aus den großen Städten unsers nördlichen Deutschlands zum Harze, um hier Erholung und Stärkung in den schönen Bergen zu suchen. Jeder dieser Fremden, der einmal in den Harzbergen weilte oder wohnte, kehrt gern zu ihnen zurück; denn es ist schön und gesund in diesen Bergen. Harz heißt Waldland. Dieser alte Name ist noch heute nach Jahrtausenden richtig; denn, ob uns die Eisenbahn von Norden oder Süden, von Osten oder Westen zum Gebirge führt, die aufragenden Harzberge zeigen überall dichte Bewaldung. Dem aus Osten oder Norden kommenden Wanderer steigt die Gebirgsmasse schroff und hoch aus der Ebene auf. Ebene und Berg stoßen sast unmittelbar aneinander. Das Gebirge macht dort, von unten gesehen, so recht den Eindruck, den ein Harzforscher vor 100 Jahren in die Worte faßte: „Der ganze Harz ist gleichsam nur ein Berg, der durch eine fast unzählbare Menge von Thälern in viele Anhöhen geteilt wird; auf der Höhe scheinen also keine eigentlichen Berge mehr zu sein, sondern nur Anhöhen und Un- gleichheiten" (Lasius 1790). Die Thaleinschnitte sind an der Ost- und Nordseite des Harzes so schmal, daß in ihren Engen nicht Raum war für größere Anfiedlungen. Wie Perlen auf einer Schnur liegen darum unmittelbar am Gebirgs- fuße in fast gerader Linie von Nordwesten nach Südosten die Orte Goslar, Oker, Harz bürg, Ilsen bürg, Wernigerode, Blanken- bürg und Tha le. Von diesem letztgenannten Orte ab wird der Rand der Gebirgswand niedriger, und sanfte Hügelketten legen sich vor die Harzberge. Immer mehr senkt sich die in gerundete Einzelberge und durcheinanderziehende Bergketten aufgelöste Masse des Gebirges; so läuft der Gebirgsfuß weiter bis Hettstedt. Von da zieht die Grenze südlich auf Mansfeld, wo sie in dem Gewirr von kleinen Hügeln stundenweit nicht zu erkennen ist. Erst bei Neustadt am Honstein läßt sich die Scheidung zwischen Harzbergen und Vorhügeln wiederfinden.

4. Die Provinz Hannover - S. 5

1901 - Berlin [u.a.] : Spemann
5 442 m über dem Meere läge. Jede so durch Vergleichung von Ver- tiefung und Erhöhung gefundene gemeinsame Höhe einer Landfläche nennt man die mittlere Höhe derselben. 442 m mittlere Höhe über dem Meere ist nicht sehr viel. Wir haben in unserm deutschen Vater- lande sogar eine große Ebene, und zwar in Bayern, deren mittlere Höhe 485 m beträgt, und doch kann man von keiner Seite her dort den Eindruck gewinnen, als müsse man zu dieser Hochebene besonders hoch hinaufsteigen. Die Höhe über dem Meere an sich — man nennt sie auch absolute Höhe — kann allein noch nicht sagen, ob eine Gegend hoch oder flach aussehen wird. Erst wenn man hört, wie stark eine Erhebung über ihre Umgebung hervorragt, kann man sich eine Vorstellung machen, wie das Ganze aussehen wird. Der Harz muß in seinem nordwestlichen Teile, z. B. in Goslar, den Eindruck eines gewaltigen Gebirges machen, weil seine Bergmasse sich gleich 330 m über den Marktplatz der Stadt erhebt. Solche Höhe eines Gebirges Der Harz. Längenmaßstab 1 : 370000, Höhen 50 fach überhöht, a) Seehöhe, b) Sockel des Gebirges, c) mittlere Höhe, d) mittlere Höhe des Oberharzes, e) mittlere Höhe des Unterharzes, f) Absallslinie, g) Brocken, h) Wurmberg, i) Josephshöhe, k) Viktorshöhe. über seine Umgebung nennt man relative Höhe. Dieser Marktplatz von Goslar liegt überhaupt, wie die ganze Ebene am nördlichen Harz- fuße, schon höher über dem Meeresspiegel, als man vermuten möchte. Unsere Nordsee kann 260 in steigen, bevor ihr Wasser den Bergsuß dort berührt, und bis zum Südende des Harzes kann die Meeresfläche noch weitere 10 m Höher sein, eheste die Harzberge erreicht. So ruht der Harz auf einem schiefen Sockel mit 10 in Neigung von Süden nach Norden. Aus der Gebirgswand, die der Harz dem von Norden und Osten kommenden Fremden zeigt, hebt sich eine gewaltige, flache Bergkuppe, der Brocken, hervor. Die Spitze überragt den Fuß bei Wernigerode fast genau um 900 m. Welche herrliche Übersicht über die gesamte Bergmasse des Harzes, ja über das ganze weite Landgebiet, das dieses Om a_ Om. Ein Umblick aus dem Harzgebirge.

5. Die Provinz Hannover - S. 6

1901 - Berlin [u.a.] : Spemann
Gebirge umschließt, muß dieser alles beherrschende Berggipfel zeigen! Von dem Haupte dieses höchsten Berges im nördlichen Deutschland wollen auch wir uns einen Eindruck über das Aussehen. der gesamten Harzlandschaft zu verschaffen suchen. Seit dem Frühling des Jahres 1899 hat die Eisenbahn von Wernigerode aus den ehrwürdigen Brocken erstiegen. Diese Brockenbahn trägt uns auf ihrem vielfach gewundenen Wege in 2 Stunden hinauf zum Gipfel. Von der Spitze des 17 m hohen, neben dem Brockenhotel stehenden Turmes bietet sich bei klarer Luft eine Aussicht von ungeheurer Weite. Bei dem Überschauen haben wir aber erst eine kleine Enttäuschung zu überwinden; denn wir sehen in der schrankenlosen Ferne alles verschwimmen und verfließen, Dann aber kommt ein Gefühl stolzer Erhabenheit über uns, sobald wir bei scharfem Hinblicken in der Ebene die Türme von Hannover, Braun- schweig, Magdeburg, Leipzig und auf dem südlichen Berglande die Wilhelmshöhe bei Kassel erkennen und dazu erfahren, daß wir hier über eine Fläche hinwegschauen, die mit 90 Städten und mit mehr als 7 00 Dörfern übersäet ist. Das Gebirge zu unsern Füßen sehen wir bis zu seinen fernsten Höhen klar und scharf vor uns ausgebreitet. Senkt sich, wie wir schon hörten, der Sockel des Gebirges von Süden nach Norden, so sehen wir die Oberfläche des Harzes in umgekehrter Weise sich neigen. Das von der Brockenkuppe nach Nord- westen liegende Stück ist beträchtlich höher als das nach Südosten liegende. Beide Teile erscheinen als große Hochflächen. Die östliche, niedrigere Stufe hat man den Unter harz, die westliche, höhere den Oberharz genannt. Eine Linie von Wernigerode quer über das Gebirge, am Brocken vorbei, auf Bad Sachsa zu und von da südwestlich nach dem Hügelzuge, der bei Osterhagen die Wasserscheide zwischen Elbe und Weser bildet, scheidet die beiden Harzgebiete. Der Unter harz zeigt auf feiner Fläche einen bunten Wechsel von kleinen Bergkuppen und Bergrücken. Sanfte Abhänge, mit Wald bedeckt, und breite Platten, überzogen von grünenden Saatfeldern und lang hin- ziehenden Dörfern, dazwischen auch enge Thäler, deren Schönheit man von oben nicht ergründen kann, bilden seine Oberfläche. Das nach Nordwesten liegende Stück des Harzes, der Oberharz, ist deutlicher gegliedert. Außer dem Brockengebiet machen sich noch zwei ihrer Natur nach verschiedene Teile auf ihm bemerkbar. Die ganze westliche Gebirgsfläche nimmt eine Ebene ein, die in ihrer Mitte ohne jede bemerkbare Erhebung ist. Lange, gerade Straßen durchziehen die ausgedehnten Wiesenflächen, welche von blinkenden Teichen unterbrochen sind. In der Mitte dieses Wiesenplanes liegen die Schwesterstädte Klausthal und Zellerfeld, von denen Klausthal der Ebene den Namen gab. Diese Hochebene von Klausthal ist rings umgeben von dunkel bewaldeten Bergen, die aber wenig über die Ebene hervorragen. Gegen den Brocken hin schließt sie der einzige große Bergkamm ab, den der innere Oberharz aufweist. Dieser breite Bergrücken, der den Oberharz quer durchzieht, hat zwei Namen. Sein nordöstliches Stück heißt Bruch berg; es reicht bis zu der Einsattelung, durch die die Straße

6. Die Provinz Hannover - S. 8

1901 - Berlin [u.a.] : Spemann
— 8 — stehen das große Brockengasthaus und der schon erwähnte Aussichtsturm. Wenn auch mancher Brockengast sich den Aufstieg auf den Turm erspart, den Schutz und die Erquickung in den großen Hotelsälen nimmt fast jeder Bergsteiger in Anspruch; denn über die Brockenhöhe bläst stetig ein scharfer, kühler Wind, der fast täglich, je nach der Jahreszeit, Nebel, Regen oder Schnee mit sich führt- Nur die Monate Juni, Juli, August und September sind ohne Frost und Schnee. Die Menge der Feuchtigkeit- niederschlüge, die die Luft im Jahre an den Boden abgiebt, würde, wenn sie aufgestaut werden könnte, als Wasser den Boden manneshoch (1,70 m) bedecken, während wir in nnserm Flachlande in dem auf- gestauten Wasser der Jahresniederschläge nur knietief (67 cm) waten würden. Wahrhaft eigenartig ist das Brockenwetter aber erst, wenn Die Spitze des Brockens. Nach einer Photographie von Fr. Rose in Wernigerode. der Wind um das Haus braust und heult, so daß man sich im Freien nur mit Aufbietung aller Kraft aufrecht erhalten kann. Wunderbare Wolkenbilder jagen vorüber und versperren die Aussicht oder stoßen auf das Haus und hüllen es in dichten Nebel ein. „Im Spätherbst und Frühling sind die Nebel besonders stark. Es kommt dann vor, daß der Nebel tagelang die Brockenkuppe einhüllt, bis ein Frost ihn ablöst. Dann läßt der Nebel an Gras und Stein, an Stangen und Drähten der Telegraphen gewaltige Rauhreifklumpen zurück, die den Gegenständen die wundersamsten Formen verleihen. Man hat festgestellt, daß die Nauhreifmasse, die an einem Leitungsdraht zwischen zwei Telegraphenstangen hastete, 10 Eentner wog. Und nun erst der Winter! Er bringt eine Schneedecke, die da, wo keine Verwehungen stattfinden, etwa 2 m hoch, an den Abhängen aber noch höher liegt. Treibt aber der Sturmwind den Schnee zu Dünen zusammen, dann bedeckt er wohl das Brockenhaus bis zum Dachfirst hinan" (A ßm a n n). „Im Schnee- stürm verdecken wirbelnde Schneemassen die Luft. Es ist nicht möglich, einen Schritt vor sich zu sehen, und oft ist man in Gefahr zu ersticken. Nur kriechend kann man sich fortschleppen, und wehe dem, den ein

7. Die Provinz Hannover - S. 9

1901 - Berlin [u.a.] : Spemann
— 9 — solches Wetter hier überfällt, und der nicht bald einen bergenden Ort findet; unrettbar ist er verloren" (Nehse). Bei der geringen Wärme, der starken Feuchtigkeit der Luft, der beträchtlichen Höhe und der kurzen Sommerzeit hat sich hier auf der kahlen, steinigen Brockenkuppe eine eigentümliche Pflanzenwelt entwickelt. Zu Tausenden überziehen im Frühling die weißen Blütensterne der Berganemone das Grau des Bodens. Im Herbste hat die Pflanze ein mit langen Grannen versehenes Fruchtbüschelchen entwickelt, das ihr den Namen Hexenbesen eingetragen hat. Dazu kommen seltene Habichtskräuter, die Zwergbirke, die mit nadelartigen Blättern versehene Brockenmyrte (Krähenbeere), die isländische Flechte und eine Flechte, die die Steine bunt färbt wie Landkarten, darum Landkarten flechte genannt, dazu sonderbare Gräser: alles Pflanzen, die wir auf den Alpen oder auch auf den hohen Bergebenen Nor- wegens wiederfinden. Selbst die Pflanzen, die wir allenthalben in unserm Lande sehen, wie Heidelbeere, Bärlapp, Heidekraut, treten hier eigentümlich auf. Sie stehen in großen Haufen und Büscheln, um sich gegenseitig zu schützen vor der Rauheit des Wetters. Die Tierwelt ist auf der Kuppe nur sehr gering vertreten. Es huscht wohl einmal eine Ringdrossel oder eine Rabenkrähe aus den nahen Wäldern über die kahle Kuppe, die ihnen aber nicht ständiger Aufenthalt ist. Wohnung dort oben haben nur kleine Fledermäuse, schwarze Eidechsen, einige schwarze Käfer und verschiedene Schmetterlinge. Noch im Absteigen von dem flachen Kopfe des Brockenriesen kön- nen wir an sonderbaren Pflanzen mancherlei erblicken. Unsere Ver- wunderung werden da vornehmlich die ersten Tannen erregen, die wir zu sehen bekommen. Die Rottanne kennen wir nur als den kerzen- gerade aufschießenden, turmhohen Baum, dessen Stamm bis in den Wipfel astlos und glatt ist. Und wie tritt uns die stolze Tanne hier ent- gegen? Zunächst noch an der eigentlichen Brockenkuppe stehen ver- bogene Tannenbüsche mit verkümmerten Ästen, die schwer und dicht an den Steinklippen herunterhängen. Daneben schaut aus dem ver- krüppelten Busche schon ein kurzer Stamm heraus von der Dicke eines Mannesarmes. Aber als hätte er Furcht, in die unbarmherzige Luft hinauszuwachsen, duckt und biegt er sich zur Seite und treibt Knorpeln und Wulste. Das Wachstum solcher Krüppeltannen ist außerordentlich langsam; es soll einzelne Pflanzen darunter geben, deren Alter man auf Jahrhunderte schätzt. Auf dem Königsberge und der Heinrichshöhe steht die Tanne schon als recht stattlicher Baum. Aber der Wuchs des Stammes ist noch lange nicht von der Schlankheit und Länge, die wir sonst an dem Baume kennen. Zu Dutzenden ist den Bäumen die Spitze ausgebrochen, und der neue Wipfel ist seltsam zur Seite gebogen. Stämme, die dicht über der Erde wie Kamelrücken auf- und nieder- gehen und erst dann zur Höhe streben, oder solche, die nur an einer ^eite dürftiges Geäst haben, bedecken ganze Strecken. Diese Abwei- chungen und Störungen des Wachstums sind durch Schneedruck und durch die Kraft des Windes verursacht. Recht lehrreich ist auch ein Blick auf das Brockenfeld mit seiner

8. Die Provinz Hannover - S. 10

1901 - Berlin [u.a.] : Spemann
— 10 — eigentümlichen Pflanzenwelt. „Die muldenförmig gesenkte Fläche des Brockenfeldes ist umschlossen von vier mächtigen Eckpfeilern, dem Kö- nigsberge im Nordosten, dem Bruchberge im Nordwesten, dem Nehberge im Südwesten und dem Achtermanne im Südosten" (Hofmann). Diese zwei Wegestunden ins Geviert messende Senke ist ein sumpfiges Bruch- land, auf dem der Waldwuchs unterbrochen ist Zwischen den dichten Tannenwäldern liegen nämlich breite Flächen, auf denen Tannen, Bir- ken, Erlen und Buschweiden verstreut steheu, oder die ganz ohne Baum und Strauch sind. An den baumlosen Stellen leuchtet bläulich-schwarz glänzendes Moorwasser auf, das von weiß schimmerndem Wollgras umstanden ist. An trockenen Plätzen finden wir dichtgedrängte Büschel von Heidel- und Moosbeeren und Besenheide, stets von dunkelgrünem Moos umgeben. Um die riesigen Granitblöcke, die über das ganze Brockenseld verstreut liegen, rankt der Brombeerstrauch und zieht das Moos seine Decke. Einige dieser Blöcke sind von solcher Höhe, daß sie über den Wald emporragen und besondere Namen, wie Hopfen- fäcke und Magd bette, führen. Die tiefste Senke nimmt ein lieb- licher Waldsee von 22 ha Größe ein; das ist der Oderteich. Der Oderteich ist ein künstliches Stauwasser. Ein mächtiger Damm von 22 m Höhe und entsprechender Breite hindert nach Süden hin seinen Abfluß. Der tiefe, schwammige Grund des großen Brockenfeldes besteht aus den abgestorbenen Moos- und Sumpfpflanzenschichten ganzer Jahr- hunderte; diese halbverwesten Pflanzenschichten nennt man Torf. Die Torflage ist an einzelnen Stellen des Brockenfeldes bis 3 m dick, Wie ein Schwamm faugt diese lockere Torfmasse alle Feuchtigkeit ein und giebt den Überfluß dann allmählich in Bächlein und Flüssen wieder ab. Würde man, wie das schon im vorigen Jahrhundert versucht wurde, diese Torfschichten abnehmen, so würde man unberechenbaren Schaden anrichten. Strahlenförmig rinnen von hier ab und von der Brockenhöhe selbst zahlreiche Bäche, die auch im dürrsten Sommer nicht versiegen, zu großen Flüssen zusammen. Aus diesem Brocken- gebiete beziehen Weser und Elbe in gleicher Weise ihre Gewässer. Die Wasserscheiden liegen hie und da so nahe zusammen, daß es an einigen Stellen nur einiger Spatenstiche bedurft hat, um aus einer Quelle beiden Flüssen Wasser zuzusenden. Im Osten nimmt die Saale die Harzgewässer auf, um sie der Elbe zuzusühreu; die nach Norden gehenden Flüsse eilen zur Aller und die nach Westen abfließenden zur Leine, um sich dann später im großen Weserflusse wiederzufinden. Es ist aber mit den meisten Brocken- flüssen, wie überhaupt mit den Harzflüssen, als ob sie nach dem wilden Sturze von der Höhe erst am Gebirgssuße zur Besinnung kämen und nun erst ihre eigentliche Stromrichtung fänden. Sie sind geradezu ruhebedürftig geworden; denn sie weichen vor den Harzbergen den kleinsten Widerständen aus, über die sie im Gebirge selbst spielend hinweggestürmt wären. Die höchste Quelle hat ein Bächlein, das oben an der Brockenkuppe unter dickem Granitgestein hervorsprudelt. Aus dieser Quelle sollten die Hexen in der Walpurgisnacht trinken, darum hat man sie Hexenbrunnen genannt. Damit auch Menschen an

9. Die Provinz Hannover - S. 72

1901 - Berlin [u.a.] : Spemann
hinziehende Heiden zu sehen, in denen die Atenschen der widerstrebenden Natur ihre spärlichen Gaben in derselben Weise abringen, wie das ihre Väter, Großväter und Urahnen auch gethan haben. Solcher echte Heidhof hat viele sür uns interessante Eigentümlichkeiten, die wir kennen lernen wollen, bevor wir nach Süden zum Böhmeflusse weiterwandern. Wir schreiten über die pfadlose, graue Heide dahin. Da sehen wir in einer Senke einen Eichenhain, in dessen Schutze einige stattliche niedersächsische Bauernhäuser stehen. Ein Erdwall oder ein geflochtener Holzzaun grenzt das Ganze gegen die wuchernde Heide ab. Hinter der Schutzgrenze grünen Roggenfelder und Kartoffeläcker, blühen Buch- weizen und Lupinen; an einem Bächlein ziehen sich sorgfältig gepflegte Rieselwiesen dahin — das ist ein Dorf der so viel aus Unkenntnis Niedersächsisches Bauernhaus der Luneburger Heide aus dem Jahre 1588. Aus Zeitschrist „Niedersachseu". beklagten Heidbauern. Links und rechts von jedem großen Bauern- hause im Eichenkampe stehen Scheunen, Backhaus, Schafstall und Schweineställe und weiter hinab am Buchweizenacker das Bienengehege und ein Heidspeicher. Auf jedem Hofe vor dem Hause ragt der lange Hebel des Brunnens auf, in dessen Nähe unter schattigem Holunder das Hühnervolk Mittagsruhe hält. Eine friedliche Stille liegt über dem Ganzen. Man gewinnt das Gefühl, daß hier zufriedene Menschen auf dem kargen Boden doch ihr reichliches Auskommen haben. Wirkliche Armut hat es in der Heide eigentlich nie gegeben und giebt es jetzt, wo man von Wiesen und Feldern seine Erträge gewinnt wie anderswo, erst recht nicht. Noch vor fünfzig Jahren war die ganze Lebenshaltung der Heide- dauern auf die rechte Ausnützung des Heidekrautes gegründet und da- durch das Auskommen sehr erschwert. Auf der Heide mußte das

10. Die Provinz Hannover - S. 73

1901 - Berlin [u.a.] : Spemann
— 73 — vornehmste Nutztier, die Heidschnucke, im Sommer und auch an guten Wintertagen das kümmerliche grüne Heidekraut abnagen. Von dem Verkauf der Wolle, von der jedes der zwerghaften Schafe nur etwa 1 Pfund lieferte, und dem Ertrage der Bienenwirtschaft wurden der Lohn für Knecht und Magd und die sonst^nötigen Aus- gaben bestritten. Großer Vorrat an Heide mußte als Streu und als Winterfutter für die Schnucken geerntet werden; aus Heide bestand auch nachher der ungenügende Dünger der mageren Sandäcker. Die Hälfte aller Jahresarbeit auf solch einem Hofe war das Ernten der Heideplaggen (Heidestücke). Man hat ausgerechnet, daß ein mittelgroßer Hof jährlich 780 Fuder Heide zu Streu und Futter gebrauchte. Jetzt wirtschaftet man leichter und gewinnbringender. Die gute Heuernte der Rieselwiesen gestattet die Ernährung von Rindvieh. Em guter Viehstand schafft Dünger, der die Felder ertragfähig macht für Korn, Schnuckenherde mit Schäfer in der Heide. Hafer, Kartoffeln und sogar für Weizen. Außerdem hat heute fast jeder Hof seine Holzanpflanzung, durch die ein Stück Heideland wert- voller Besitz werden kann. So sind die Einnahmen der Heidebauern gewachsen; aber die alte Genügsamkeit und Einfachheit ist geblieben, wenn auch manche alte Sitten und die alten Zipfelmützen der Heide- bewohner mit dem echten Heidehaustiere, der Schnucke, dahinschwinden. Noch immer fühlen und tragen Herr, Tagelöhner und Knecht Freude und Leid zusammen, essen an einem Tische und wandern am Tage des Herrn, wenn die Sonntagsglocke über die weite Flur ruft, in Gemeinschaft stundenweit zum alten Gotteshause. Von dieser öden, aber doch so behaglichen hohen Heide steigen wir nach Süden hinab in das Böhmethal. An dem Oberlaufe der Böhme ist Soltau der einzige größere Ort. Der Name (Soft = Salz) deutet auf Salzquellen hin, von denen jetzt noch Spuren vorhanden sind. Soltau erwuchs an der Kreuzung der Straßen von Verden nach
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